Mittwoch, 15. Januar 2014

Sie ist wieder da

Zurück in Glasgow. Der Flug war ziemlich angenehm und gleich als ich zurück war wurde eine meiner Ansichten, die ich während der Ferien geäußert hatte, bestätigt: Die Schotten sind ein freundliches Völkchen. Woran habe ich das gesehen? An der herzlichen Höflichkeit, die mir der Busfahrer am Flughafen entgegenbrachte. Es war nicht die herablassende "Ich weiß ja was, was du nicht weißt und das ist, dass ne gute Chance besteht, dass alle deine Sachen gestohlen werden und sich niemand drum schert"-Attitüde, die Costa ricanische Busfahrer an den Tag legen, wenn sie dein spärliches Gepäck in den ohnehin schon überladenen Bauch eines Busses verfrachten, der in Deutschland schon vor zehn Jahren nicht mehr durch den TÜV gekommen wäre. Es war auch nicht die gelangweilte und bisweilen fast anklagende Gleichgültigkeit eines deutschen Busfahrers, der dich fast glauben machen kann du fügest ihm persönlich Harm zu indem du seinen Bus besteigst. Nein, es war einfach ein freundliches, hilfsbereites Lächeln und ein "There you go, dear. Take a seat" als er mir mein Ticket wieder gibt.

Der erste Tag, Montag, war gleich sehr voll gestopft. Aber das ist auch gut so. Morgens, wenn ich mich um halb neun auf den Weg zur Uni mache, kann man jetzt wieder regelrechte Völkerwanderungen beobachten. Murano, das Studentenheim, in dem ich lebe, ist so groß, dass schier endlose Mengen an jungen Studenten jeden Morgen ihren Weg zur Uni machen. Allerdings, wenn sich dieses Semester genauso entwickelt wie das letzte, dann wird dieses verstörende Phänomen nur noch ein, zwei, höchstens drei Wochen anhalten, bevor sich die Situation wieder deutlich entspannt und nicht nur die Fußgängerwege, sondern auch die Vorlesungssäle sich wieder bedeutend leeren während die guten Vorsätze für das neue Jahr, oder in diesem Fall das neue Semester, langsam in Vergessenheit geraten.

Währenddessen scheinen sich Biologie und Science Fundamentals zusammen getan zu haben in dem Vorhaben, dieses Semester so langweilig und zäh wie möglich zu gestalten. In SciFun dürfen wir uns mit Logarithmen rumschlagen, vorgetragen von einem ergrauten Prof, der anscheinend die gesamten Ferien durchgefeiert hat, zumindest nach dem Zustand seiner Stimme zu schließen, die bei jedem Wort zu schwinden scheint. Er tut mir fast leid, wie er da vorne angestrengt in sein Mikrofon reinröchelt. Biologie übertrifft das aber vielleicht noch. In Biologie machen wir nämliche gerade Chemie. Atome und ihre Eigenschaften und wie das die Eigenschaften von Wasser beeinflusst und alles Mögliche über den pH und so weiter. Na gut, also das Langweilige kommt jetzt, dann kann der Rest des Semesters ja nur interessanter werden.
Wenigstens Psychologie beginnt spannend. Es geht ums Denken, Probleme lösen und so weiter. Ich merke bei diesem Thema wie mir zum allerersten mal das Fach Theory of Knowledge, das ja am UWC unterrichten wird, hilft.

Die Wohnung übrigens, die ich vor meiner Abreise im Alleingang geputzt habe (weil meine lieben Mitbewohner alle einfach gefahren sind, ohne sich um sowas banales wie Aufräumen und Putzen zu kümmern), befand sich bei meiner Ankunft (und auch jetzt noch) in einem Zustand absoluter Unordnung. Der Boden im Flur sieht aus als hätte jemand jede Menge Popcorn verschüttet, der Boden in der Küche ist genauso dreckig und klebt dazu noch und neben dem Waschbecken türmen sich riesige Berge von dreckigem Geschirr. Was war passiert? Iona war schon letzten Donnerstag zurück gekommen und hat am Freitag gleich ne riesen Party geschmissen. Das ironische ist, dass sie sogar regelrecht Stolz auf sich zu sein scheint, da sie beteuert ich hätte mal sehen sollen wie dreckig die Wohnung am Samstag gewesen wäre und dass sie ja einen wirklichen guten Job beim wieder Ordnung schaffen geleistet hätte. Ich musste schon arg an mich halten, um nicht die Geduld zu verlieren. Stattdessen habe ich höflich gefragt, ob sie nicht bitte wenigstens überall staubsaugen könne und den Boden der Küche wischen. Die Antwort hat mich wirklich an ihr zweifeln lassen: "Ja, wir sollten am Wochenende mal eine große Putzaktion machen".
 
Ich hoffe ich kann mich bald wieder motivieren, einen neuen Post zu schreiben,
 
 
Eure
 
 
Lauri
 
 
P.S.
Es regnet. Jeden Tag. Was mir letztes Jahr noch so normal vorkam, erscheint mir jetzt, nach der doch relativ trockenen Zeit in Deutschland, geradezu klischeehaft. Man möchte dem Land gutmütig auf den Rücken klopfen und ihm versichern, dass man nie an seinem Können, alle schottischen Klischees zu erfüllen, gezweifelt hat.
 

Dienstag, 8. Oktober 2013

Das Unileben, das Wetter und ich

Ich stehe morgens auf und sehe: Regen.
Nein, ich übertreibe. Eigentlich regnet es hier gar nicht mal so viel. Zumindest in letzter Zeit nicht.
Das ist auch ganz gut so. Denn mein Weg von der Wohnung bis zur Uni ist zwischen 15 und 20 Minuten lang. Ein bisschen Nieselregen macht da nicht viel. Aber manchmal trommelt der Regen herunter als wollte er uns einstimmen auf das wahre Glasgow-Wetter, uns Zeigen wo der Hammer wirklich hängt. Dann komme ich in der Uni an, die durchweichten Socken in Aquarium-Schuhen. Der Rucksack so nass, dass die Ränder meiner Blöcke und Hefter nass werden. Die Jacke pitschnass von außen - und von innen. Der Regen erlaubt es nicht, sie offen zu lassen, aber es ist zu warm als dass es bei dem ständigen auf und ab hier in Glasgow nicht zu einem gewissen Grad an Schweißbildung käme. Die nasse Jeans klebt an den Oberschenkeln. Was gibt es unangenehmeres? In solchen Momenten wünschte ich, ich wäre in Costa Rica, wo ich die Aquarium-Schuhe gegen Flip-Flops und die Schwitze-Jacke gegen ein leichtes T-Shirt austauschen könnte.
Es ist nicht so als ob es schrecklich kalt wäre, muss ich fairer Weise sagen. Mir kommt es wohl nur so vor. Die verrückten Schotten gehen allerdings nur in Strickjacken und Pullis zur Uni (wenn es nicht regnet). Sie beschweren sich, dass es zu heiß wäre, wenn ich es gerade mal angenehm finde - mit Jacke.
Allein wenn man die kleinen Schulmädchen durch die Straßen laufen sieht. Mal ehrlich: In Deutschland bekämen die Eltern das Jugendamt auf den Hals gehetzt, wenn ihre Kinder Anfang Oktober in kurzen Röckchen und ohne Strumpfhose in die Schule kämen.
Aber hier ist alles ein wenig anders und es ist ok, bei gefühlten fünf Grad halbnackt rumzulaufen.

In jeder anderen Hinsicht habe ich mich jedoch eingewöhnt.
Die Professoren sind weites gehend sehr gut - bis auf ein, zwei. Es ist viel viel Arbeit. Aber die Arbeit fällt leichter als es in der Schule der Fall gewesen wäre. Ich will ja hier sein. Es war meine Entscheidung. Ich habe die Fächer gewählt. Also kann ich dafür auch arbeiten. Ich will sogar unbedingt dafür arbeiten. Ich fürchte bisweilen, ich mache mir selber zu viel Druck.

Ich ernähre mich übrigens überaus gesund. Zumindest das wird mir schon mal helfen. Ich koche alles mögliche und meistens zu viel, wodurch ich jede Menge Eingefrorenes habe und für ne ganze Weile ausgesorgt hab. Von Ratatouille über Hähnchencurry und Pilze in Sahnesoße bis hin zu simplen Spaghetti mit Tomatensoße kommt bei mir alles auf den Tisch. Einmal habe ich auch einfach einen Wirsing-Kopf gekauft und rumexperimentiert. Mit Sojasoße lässt sich auch so einiges anstellen. Ich bin sicher so einige meiner Experimente wären nicht für jeden genießbar, aber ich bin immer sehr zufrieden mit mir selbst.

Ich hab jetzt auch ein schottisches Konto. Das war vielleicht ein hin und her. Eigentlich wollte und brauchte ich gar kein Konto. Miete konnte ich laut Uni ja auch per Kreditkarte zahlen. Aber Pustekuchen! Hätte ich mit Kreditkarte zahlen wollen, hätte ich alles auf einmal zahlen müssen. Und das spätestens am 10. Oktober.
Per Bankeinzug in monatlichen Raten ging nur über ein britisches Konto.
Meine Anfrage, ob es nicht irgendeine Möglichkeit gäbe, in monatlichen Raten von einem nicht-britischen Konto oder mit einer Kreditkarte zu zahlen, war ebenfalls erfolglos.
Also bin ich gleich zur Bank und hab mich erkundigt. Wartezeit, um mein Konto eröffnen zu können war eine Woche. Das war am ersten Oktober. Klar, dass ich da schon ein bisschen unruhig wurde. Noch dazu ich einen speziellen Brief von der Uni brauchte, um ein Konto eröffnen zu können. Den hatte ich beantragt, sollte zwei Werktage dauern. Aber mit all solchen Dingen scheine ich einfach kein Glück zu haben: Nach drei Tagen war der Brief noch nicht da. Nach fünf Tagen hab ich mich dann halb auf den Kopf gestellt und Druck gemacht bis ich meinen Brief schließlich sofort bekommen habe - einen Tag vor meinem Termin. Ein auf und ab ist das, so ein Stress... Aber jetzt ist alles aussortiert. Außerdem gefällt mir das ganz gut - In Zukunft überweise ich das Geld, was ich mir selbst zur Verfügung stellen will, einfach monatlich auf das Konto und dann wird es das erste mal sein, dass mein wundervoller Herr Papa mir nicht ständig über die Schulter schauen kann, was meine finanzielle Situation angeht. Juhu!

Apropos Stress: Am Wochenende werde ich den mal so richtig abbauen. Ich fahre nach Wales - European Reunion. Alle ehemaligen UWCCR Schüler, die sich momentan in Europa befinden und die Möglichkeit haben treffen sich dort für ein ganzes Wochenende. Ich brauche euch nicht sagen wie sehr ich mich darauf freue! (Übrigens war auch beim Erhalt meines Zugtickets dafür mal wieder mein allgemeines Pech mit im Spiel - habe ich wohl im Leben zu viel Glück gehabt und nun versucht das Schicksal verzweifelt mit allen Mitteln diesen Fehler wieder auszugleichen?)
Freitag gleich nach der letzten Vorlesung geht's los. Sonntag um Mitternacht komme ich wieder in Glasgow an.
Keine Sorge, ich arbeite diese Woche extra hart, damit ich bis Freitag alles fertig hab und nichts mit in die nächste Woche schleppe! Das würde mir eh das Genick brechen.

Ich habe so schon bisweilen leichte Sorge, ob ich das alles schaffe. In einer einstündigen Vorlesungen nehmen wir hier so viel durch wie in einer ganzen Woche am UWC. Und dabei kann man noch nicht mal ordentliche Notizen machen. Ich sitze den ganzen Nachmittag und Abend da und mache mir nochmal saubere Abschriften meiner Notizen, mit denen ich dann lernen kann.
Naja, es ist es wert.

Jetzt muss ich ins Bett, damit ich den morgigen Tag überstehe.

Man ließt sich!

Eure,

Laura

Samstag, 21. September 2013

8 Tage und kein Ende in Sicht

 
 
Heute bekommt ihr mal eine kleine Bilderflut, damit ich mir nicht wieder die Finger wund tippen muss. Die Quintessenz ist: Party, Party, Party. Das ist es nämlich worum es in der ersten Uni-Woche geht. Obwohl ich Donnerstag und Freitag auch schon meine ersten Vorlesungen hatte. Keine Sorge, weder haben meine Feiertätigkeiten meine Konzentrationsfähigkeit in diesen Vorlesungen beeinträchtigt, noch wurden meine Partynächte vom Unterricht eingeschränkt. Meine Professoren mag ich bisher übrigens sehr. Aber mehr zu meinen Fächern nächste Woche. Lasst uns nun lieber die kleine Bildershow beginnen:
 
 
 
 
Schwer zu erraten: Ich, nach einer wilden UV Paint Party - Snap, Crackle and Pop
Das Ganze hat in der Queen Margaret Studentenvereinigung statt gefunden (haben die besten Parties gehabt diese Woche - GUU Parties waren dagegen lasch, deswegen waren wir bis auf eine Nacht immer in QMU). Es war so voll, dass man bei jeder Tanzbewegung andere angerempelt hat und umgekehrt. Aber das hat dem Spaß keinen Abbruch getan. Und bei der ganzen Tanzerei wurde man von der Bühne aus mit UV-Farbe besprüht, die dann in dem Schwarzlicht geleuchtet hat. Ein par Mal haben sie auch kleine Flaschen mit Farbe in die Menge geworfen, sodass wir uns gegenseitig besprühen konnten.
 
 
 
 
Diese wundervollen Partybusse fahren diese Woche jede Nacht bis drei Uhr Morgens vom Campus bis zum Studentenwohnheim, kostenlos.
 
 
Voila, ich präsentiere: Ein Schild neben der Garderobe in der QM Studentenvereinigung:
 
 
Mein schottischer Flat-Mate und Freundin: Iona. (Und ich, tadaaa....)
 
 
Party in der QMU mit einem riiiiiichtig gutem DJ. Das Beste war, dass ich nach einiger Zeit ein par ältere Schüler getroffen hab, die das mitorganisiert haben und die ich schon ein par Tage vorher kennen gelernt hatte. Und die beiden haben Iona, Meg (auch schottisch) und mich dann auf die erhöhte Tribüne mitgenommen, wo die Party erst so richtig abging - da ist auch das Foto entstanden:
 
 
Iona, ich und Meg (von links nach rechts):
 
 
 
Tja, das sind ein par Eindrücke. Mehr und vermutlich dann auch mal ruhigere Nachrichten von mir nächste Woche!
 
Aufgedreht und voller Enthusiasmus,
 
Eure,
Laura

Montag, 16. September 2013

Ich hab kein Loch in meiner Tasche

Die dritte Party-Nacht hintereinander hat mich wohl schon etwas verwirrt, denn als ich heut morgen aufwachte, durfte ich feststellen, dass ich mit mehr Geld nach Hause gekommen war, als ich mitgenommen hatte... Und das obwohl ich sogar etwas Geld ausgegeben hatte... Das schrägste an der ganzen Sache war allerdings nicht, dass ich einfach nur mehr Geld hatte, sondern vor allem, dass ich neben ein par mehr Pfund  auch noch einen zehn Euro Schein in meiner Tasche gefunden hab.
Wie zum Teufel passiert denn sowas? Ich weiß, dass ich keine Euros mehr hatte (nur drei oder vier Euro, aber die hab ich auch nicht mitgenommen) und wer in Glasgow läuft mit Euros rum und denkt sich: Hm, die könnte ich eigentlich diesem willkürlich gewählten Mädchen zur Gute kommen lassen... und hey, um es besonders interessant zu machen, mach ich es ganz heimlich ohne dass sie es merkt!

Tja, aber ich will mich über die Sache natürlich nicht beschweren. Es spricht auch für die Feier. Diesmal hat das ganze in der anderen Studentenvereinigung der Uni Glasgow statt gefunden.
Und natürlich hab ich ein rotes Shirt getragen. Was denkt ihr nur alle von mir! Ich hatte sogar knallroten Lippenstift drauf, allerdings hat sich der schon bei dem der eigentlichen Party vorhergehenden Aktionen so ziemlich verflüchtigt.

Ich fühle mich als wäre ich schon Wochen hier, dabei fängt die eigentliche Fresher's week (Ersties Woche) erst heute an...
Für heut Abend hat eine der Studentenvereinigungen den anscheinend bekanntesten und beliebtesten Radio-DJ Schottlands engagiert - also das klingt auch vielversprechend.


Voll Stolz, dass ich es geschafft hab schon wieder zu schreiben, umarmt euch

Eure,
Laura

P.S.
Ich fürchte Frodo fehlt mir schon sehr. Ich höre des Öfteren ein Phantom-Hundejaulen von draußen, was in mir jedes mal den Impuls aufkommen lässt aufzuspringen und zumindest aus dem Fenster zu gucken, um sicher zu stellen, dass es dem Kleinen gut geht.

Samstag, 14. September 2013

Ich bin wieder da

                        
Lang ist es her, dass ich mich auf diesem Wege mitgeteilt habe und nun sitze ich hier und tippe vor mich hin – zum Glück gibt es jede Menge Wartezeiten an Flughäfen, sonst hätte ich die Zeit hierfür vermutlich wieder nicht gefunden. Da einige von euch vermutlich nicht die Zeit oder Geduld haben, sich zu viel durchzulesen, möchte ich darauf hinweisen, dass der nächste Absatz eine kurze Einleitung ist, die mit mir sehr vertrauten Menschen (meine Eltern, Schwester usw.) keine neuen Erkenntnisse liefern wird und daher übersprungen werden kann.

Ich habe diesen Blog also mutieren lassen, oder vielleicht sollte ich eher sagen ich habe ihn revolutioniert, und nun ist sein Inhalt nicht mehr nur mein (großartiger) zweijähriger Aufenthalt am UWC Costa Rica, sondern ein Fenster in mein tägliches Leben. Wozu? Weil mein tägliches Leben nicht zu Hause stattfindet, sondern es mich mal wieder in die Ferne verschlagen hat und ich nächste Woche mein vierjähriges Studium an der University of Glasgow anfange.

Und so beginnt endlich der Lebensabschnitt, den ich gerne als meine „glorreiche, lebenslang prägende Studienzeit“ bezeichnen möchte und das schon jetzt bevor ich auch nur einen Schritt in einen Hörsaal getan habe. Doch dass mein Bett drei Tage vor der Abreise zusammenbrach, auf den Sperrmüllfriedhof gebracht wurde und mich somit quasi weggestupst hat aus meinem so vertrauten Zimmer, scheint mir ein erstes positives Zeichen zu sein. Als hätte es sagen wollen: „So liebe Laura, es ist Zeit, verzieh dich endlich und leb dein Leben.“ Und wirklich: Für heimische Besuche reicht eine einfache Matratze auf einem Lattenrost doch völlig aus.

Auch der Flug nach Glasgow (über Amsterdam)  hat meine Hoffnungen steigen lassen. Nachdem ich gut ein Jahr lang nur mit den billigsten aller billigen Billigairlines geflogen bin, ist KLM ein echter Luxus. Kurz nach dem Start des nicht ganz eineinhalb stündigen Fluges wurden schon Snacks und Getränke verteilt. Weiches Vollkornbrot mit Rührei, kalt. Dem Rührei habe ich nicht ganz über den Weg getraut... wer weiß wann die Dinger zubereitet worden waren und aus was das „Rührei“ tatsächlich bestand. Natürlich habe ich mir die kostenlose Mahlzeit trotzdem nicht entgehen lassen, ist schließlich eines der Highlights des Fluges. Außerdem gab’s Getränke en masse dazu, schwarzen Kaffee und Wasser für mich. Und kaum hatten die lieben (und ich meine wirklich ungewöhnlich fröhlichen, höflichen) Stewardessen alle hungrigen und durstigen Passagiere bedient, mussten sie auch schon wieder durch die Reihen kommen, um den Müll einzusammeln und als das endlich vorbei war, erschien auf den kleinen Monitoren über den Sitzen die Info, dass wir in zwanzig Minuten landen würden und der Kapitän meldete sich, verabschiedete sich von uns und bedankte sich für den angenehmen Flug. Und da saß ich auf Sitz 12B, völlig perplex, weil für mich der Flug da doch erst so richtig angefangen hatte. Kaum hatte ich meine Überraschung über die Kürze der Reise überwunden, setzte die Maschine auch schon sanft auf der Landebahn auf und wir wurden gebeten auszusteigen.

Danach kam mir der vierstündige Aufenthalt am Flughafen in Amsterdam schon viel eher wie eine echte Reise vor und das obwohl ich nur auf einer Couch gesessen und den beschäftigten Flughafen Trubel über mich hab rieseln lassen. Genau in dieser Zeit ist es auch über mich gekommen, mit dem Schreiben für den neu erfundenen Blog zu beginnen. Die Kombination von völligem Schlafentzug (eine Stunde Schlaf in der Nacht davor), schwarzem Kaffee und dem allgemeinen wohligen Reisegefühl scheinen mein Gehirn einen verwirrend klaren und kreativen Zustand zu versetzen.

So saß ich zum Beispiel im Flugzeug und blickte hinunter auf die verschlafene Landschaft vor den Toren Amsterdams. Das Netz der traditionellen Grachten schuf ein gleichmäßiges Muster, das sich anzuschauen fast wie Meditation wurde. Dabei schweiften meine Gedanken allerdings ab und mir kam der Gedanke wie es wäre als ein Riese groß wie zwei Wolkenkratzer über diese kleinen Grünen Quadrate zu hüpfen. Von einem auf das andere. Bei jedem Sprung gibt die Fläche ein wenig unter den enormen Füßen nach und Wasser schwappt über den Rand des Grün. Das Ziel ist es, nicht vollkommen mit einer Fläche vom Wasser verschluckt zu werden und auch nicht beim Sprung hineinzufallen.

Das wäre sicher ein vorzüglicher Zeitvertreib.

Auch der Rest der Stadt hat in mir gleich Vertrauen geweckt. Natürlich habe ich nur einen flüchtigen Blick aus dem Flugzeugfensterchen auf die eher industriellen Teile  der Stadt bekommen, aber dennoch. Es herrschte eine gewisse gelassene Ordnung, die mich glücklich lächeln lies. Die Straßen, die in mein Blickfeld gerieten, zogen sich in anmutige Kurven durch Landschaft und Wohngebiete und trotz des tristen Wetters wirkte alles irgendwie fröhlich und entspannt.

Bei der Landung sind wir dann sogar so dicht über Häusern und Straßen geflogen, dass man mit etwas Können den Figuren unter uns doch tatsächlich auf den Kopf spucken und treffen hätte können.

Und so war ich immerhin schon mal in Amsterdam. Nicht mehr lang, nicht mehr weit und die „glorreiche und lebenslang prägende Studienzeit“ hat mich.

Der Flug nach Glasgow war ebenso unspektakulär, aber angenehm und am Flughafen wartete schon ein „Empfangskomitee“ für alle internationalen Schüler und ein beharrlicher Nieselregen, der einen schleichend durchweicht. Im großen Reisebus ging’s los zum Studentenheim. Glasgow an sich scheint seine schönen Seiten zu haben, aber bisher hab ich davon noch wenig zu Gesicht bekommen. Ich bin mal gespannt wie mein Eindruck wird, wenn ich die Stadt ein bisschen besser kenne.

Als wir endlich am Murano Street Student Village angekommen sind, wo ich wohne, wurde uns mitgeteilt, dass wir erst ab vier Uhr einchecken konnten, also noch zwei Stunden warten mussten. Also hab ich mich mit einem Inder und einem Bulgaren, die beide ziemlich schräg waren, aufgemacht den nächsten Tesco (Supermarkt) zu suchen. Dafür und um darin ein bisschen rumzubummeln haben wir gut 45 Minuten gebraucht. Und dann noch mal eineinhalb Stunden bis wir unsern Weg zurück wieder gefunden hatten… Und trotz dessen und des schnöden Wetters mit kuscheligen zehn Grad waren wir gut gelaunt als wir das Village wieder erreichten. Auch die eeeeeewig lange Schlange von ankommenden Schülern, die uns da erwartete, konnte uns nicht schocken – wir sind einfach reinmarschiert – schließlich hatten wir ja schon unsere Koffer da drin…

Von der Wohnung und meinem Zimmer selbst war ich erst einmal etwas ernüchtert. Es sah aus als hätte man ein altes Gefängnis umfunktioniert. Alle Türen sind Feuertüren und müssen immer geschlossen sein, was schon mal ein sehr ungeselliges Umfeld schafft… Aber als ich dann mein Zimmer schon etwas wohnlich gemacht hatte und meine erste Mitbewohnerin, Iona (Schottland), eintraf, änderte sich meine Meinung langsam. Und inzwischen bin ich super zufrieden damit.

Der Abend wurde noch wild, hier eine kleine Zusammenfassung:

Iona und ich sind in ein anderes Haus gegangen wo eine kleine Party geschmissen wurde. Mit einem Engländer bin ich dann durch einige Häuser und hab alle Leute, die wir angetroffen haben, animiert zu uns zu kommen und mit zu feiern. Dann sind wir alle zusammen zu einer Party in nem Club von der Queen Margaret Union aufgebrochen. Queen Margaret ist eine von mehreren Schülerverbänden der Uni Glasgow.

Schon lange hab ich nicht mehr so ausgiebig und vergnügt getanzt, gefeiert und Unsinn geredet wie in dieser Nacht. Allein der Fakt, dass Iona und ich die ewig lange Schlange vor dem Club einfach überspringen durften, weil wir mit einem unterwegs waren, der den Organisator kannte, war aufputschend. Die Stimmung war ohnehin schon den ganzen Abend großartig, aber danach konnte es natürlich nur noch besser werden.

Und als Iona und ich morgens wieder zurück gelaufen sind, bekam die Nacht noch ein kleines i-Tüpfelchen aufgesetzt als wir mitten in Glasgow einen Fuchs ganz entspannt die Straße überqueren und auf dem Gehweg um die Ecke verschwinden sahen.

Ich bin bereit für eine ganze Woche mit mehr davon. Heute Abend ist eine white t-shirt Party. Jeder bekommt ein weißes T-Shirt und da kann dann jeder drauf schreiben. Und morgen ist eine Ampel-Party – trage grün, wenn du Single bist, gelb, wenn du es mysteriös halten willst und rot, wenn du vergeben bist. Und so geht es die Woche dann weiter…

Gut, das reicht denke ich erstmal als Einstiegs-Post. Ich werde nicht immer so viel schreiben können, also gewöhnt euch nicht dran.

Bis bald,

Laura

Mittwoch, 4. Januar 2012

Jahrvideo 2010/2011

Entschuldigt die lange Stille.
Viel viel ist passiert, wie immer.
Ich werde bald einen Post machen, bei dem ich einfach nur Bilder der letzten Monate reinstelle, aber für jetzt:

http://www.youtube.com/watch?v=eexC2ruGEVU&feature=player_embedded

Das ist das Jahrvideo vom letztes Jahr, das komplette. Eine Stunde UWCCR.
Schaut es euch an, wenn ihr Zeit und Lust habt.

Mit warmen Gefühlen,

Eure

Lauri

Mittwoch, 16. November 2011

Humpelpumpel

Einen wunderschönen guten Tag,

die Exam-Woche ist vorrüber und obwohl ich trotzdem noch unmengen zu tun habe (ToK-Essay schreiben, Math-portfolio machen, Uni-Bewerbungen schreiben usw.), hat es sich doch ein bisschen beruhigt. Letzte Woche war aber auch einfach nur verrückt...

Es ist viel los hier, wie immer, wir haben angefangen eine Show für unsere Lehrer und alle, die sonst noch auf dem Campus arbeiten, zu planen, aber die wird erst nächstes Jahr statt finden. Dieses Jahr before Weihnachten werden wir aber für die Lehrer Wichteln. Das heißt jedem Lehrer werden in aller Heimlichkeit ein par Wichtel (Schüler) zugeordnet und dann hinterlassen wir ihnen Notizen und Süßigkeiten und dergleichen. Ich freu mich schon darauf.
Letzten Samstag war eine Open Mic-Night im Amphitheater (wörtlich: offenes Mikrofon-Nacht), das heißt jeder der wollte konnte auf die Bühne kommen und etwas darbieten (hauptsächlich Musik). Solche Abende sind immer schön, aber dieses Jahr sind sie noch schöner, weil jetzt auch immer mehr Lehrer zu diesen Veranstaltungen kommen und auch teilnehmen.

Oh, fast hätt' ich's vergessen: Am Samstag hab ich Basketball gespielt, was super viel Spaß gemacht hat, aber dabei hab ich mir den Knöchel verstaucht....
Jetzt ist er dick, grün/gelb/blau/schwarz und ich muss auf Krücken laufen, weil ich nicht auftreten kann ohne dass es arg weh tut. Klingt aber schlimmer als es ist - alle kümmern sich ganz lieb um mich und tragen mich umher, wenn ich zu müde werde von dem auf den Krücken laufen und ich werde mit Süßigkeiten gefüttert und so weiter. Blöd ist nur, dass ich jetzt nicht mehr morgens mit Hatty (UK) joggen kann, wie es unsere Gewohnheit war. Ich stehe aber trotzdem noch um 6 auf und wecke sie auf und humpel mit ihr zum Basketball-Feld und sie dreht ihre Runden und ich mache Übungen für mein rechtes Bein, damit es nicht zu sehr abbaut... Um mein linkes Bein und meine Arme brauche ich mir da keine Sorgen zu machen, denen gehts besser denn je.
Es war übrigens ziemlich cool: Ich wurde im Krankenwagen zum Krankenhaus gefahren und mit dem Rollstuhl hinein und ich hatte mein eigenes Bett und bekam eine Decke und weil es eine Privatklinik war, wurde ich schon nach wenigen Minuten geröngt und bekam eine Art Stützverband, Salbe und Tabletten... Und Mauricio, der Schulleiter, war da und hat mich hinterher in seinem weißen VW Tiguan, der noch ganz neu roch, nach Hause gefahren und er hat kurz angehalten und mir Schokolade gekauft - als Substitut für meine Mum. Das war also angenehm.
Der Lehrer on duty an dem Wochenende (an den Wochenenden haben die Lehrer immer abwechselnd Dienst und müssen hier sein, falls was passiert und für check-in) war übrigens Jeff, mein Bio-Lehrer. Falls ihr euch noch erinnert: Er hatte auch Dienst als ich mir den Finger vor ein par Wochen angeknackst hatte - wir haben rumgescherzt, dass das was mit ihm zu tun hat und ich mir nur deswegen immer weh tue...
Oh und: Im Krankenhaus wurde ich am Ende in einen Rollstuhl gesetzt und zu Jeff in den Wartebereich gesetzt und musste warten, weil Mauricio noch meine Medikamente kaufen und alles bezahlen musste und in der Zeit habe ich ausprobiert wie es ist mit einem Rollstuhl umher zu fahren. Am Anfang ist es erstaunlich kompliziert und nicht so einfach wie es aussieht, aber man hat den Bogen schnell raus und dann bin ich duch den Gang gesaust und hab Piruetten gedreht, das war ein Spaß... Ich konnte sogar rückwärts einparken mit meinem Rollstuhl...

Also ich halte euch auf dem Laufenden.

Eure

Lauri