Samstag, 14. September 2013

Ich bin wieder da

                        
Lang ist es her, dass ich mich auf diesem Wege mitgeteilt habe und nun sitze ich hier und tippe vor mich hin – zum Glück gibt es jede Menge Wartezeiten an Flughäfen, sonst hätte ich die Zeit hierfür vermutlich wieder nicht gefunden. Da einige von euch vermutlich nicht die Zeit oder Geduld haben, sich zu viel durchzulesen, möchte ich darauf hinweisen, dass der nächste Absatz eine kurze Einleitung ist, die mit mir sehr vertrauten Menschen (meine Eltern, Schwester usw.) keine neuen Erkenntnisse liefern wird und daher übersprungen werden kann.

Ich habe diesen Blog also mutieren lassen, oder vielleicht sollte ich eher sagen ich habe ihn revolutioniert, und nun ist sein Inhalt nicht mehr nur mein (großartiger) zweijähriger Aufenthalt am UWC Costa Rica, sondern ein Fenster in mein tägliches Leben. Wozu? Weil mein tägliches Leben nicht zu Hause stattfindet, sondern es mich mal wieder in die Ferne verschlagen hat und ich nächste Woche mein vierjähriges Studium an der University of Glasgow anfange.

Und so beginnt endlich der Lebensabschnitt, den ich gerne als meine „glorreiche, lebenslang prägende Studienzeit“ bezeichnen möchte und das schon jetzt bevor ich auch nur einen Schritt in einen Hörsaal getan habe. Doch dass mein Bett drei Tage vor der Abreise zusammenbrach, auf den Sperrmüllfriedhof gebracht wurde und mich somit quasi weggestupst hat aus meinem so vertrauten Zimmer, scheint mir ein erstes positives Zeichen zu sein. Als hätte es sagen wollen: „So liebe Laura, es ist Zeit, verzieh dich endlich und leb dein Leben.“ Und wirklich: Für heimische Besuche reicht eine einfache Matratze auf einem Lattenrost doch völlig aus.

Auch der Flug nach Glasgow (über Amsterdam)  hat meine Hoffnungen steigen lassen. Nachdem ich gut ein Jahr lang nur mit den billigsten aller billigen Billigairlines geflogen bin, ist KLM ein echter Luxus. Kurz nach dem Start des nicht ganz eineinhalb stündigen Fluges wurden schon Snacks und Getränke verteilt. Weiches Vollkornbrot mit Rührei, kalt. Dem Rührei habe ich nicht ganz über den Weg getraut... wer weiß wann die Dinger zubereitet worden waren und aus was das „Rührei“ tatsächlich bestand. Natürlich habe ich mir die kostenlose Mahlzeit trotzdem nicht entgehen lassen, ist schließlich eines der Highlights des Fluges. Außerdem gab’s Getränke en masse dazu, schwarzen Kaffee und Wasser für mich. Und kaum hatten die lieben (und ich meine wirklich ungewöhnlich fröhlichen, höflichen) Stewardessen alle hungrigen und durstigen Passagiere bedient, mussten sie auch schon wieder durch die Reihen kommen, um den Müll einzusammeln und als das endlich vorbei war, erschien auf den kleinen Monitoren über den Sitzen die Info, dass wir in zwanzig Minuten landen würden und der Kapitän meldete sich, verabschiedete sich von uns und bedankte sich für den angenehmen Flug. Und da saß ich auf Sitz 12B, völlig perplex, weil für mich der Flug da doch erst so richtig angefangen hatte. Kaum hatte ich meine Überraschung über die Kürze der Reise überwunden, setzte die Maschine auch schon sanft auf der Landebahn auf und wir wurden gebeten auszusteigen.

Danach kam mir der vierstündige Aufenthalt am Flughafen in Amsterdam schon viel eher wie eine echte Reise vor und das obwohl ich nur auf einer Couch gesessen und den beschäftigten Flughafen Trubel über mich hab rieseln lassen. Genau in dieser Zeit ist es auch über mich gekommen, mit dem Schreiben für den neu erfundenen Blog zu beginnen. Die Kombination von völligem Schlafentzug (eine Stunde Schlaf in der Nacht davor), schwarzem Kaffee und dem allgemeinen wohligen Reisegefühl scheinen mein Gehirn einen verwirrend klaren und kreativen Zustand zu versetzen.

So saß ich zum Beispiel im Flugzeug und blickte hinunter auf die verschlafene Landschaft vor den Toren Amsterdams. Das Netz der traditionellen Grachten schuf ein gleichmäßiges Muster, das sich anzuschauen fast wie Meditation wurde. Dabei schweiften meine Gedanken allerdings ab und mir kam der Gedanke wie es wäre als ein Riese groß wie zwei Wolkenkratzer über diese kleinen Grünen Quadrate zu hüpfen. Von einem auf das andere. Bei jedem Sprung gibt die Fläche ein wenig unter den enormen Füßen nach und Wasser schwappt über den Rand des Grün. Das Ziel ist es, nicht vollkommen mit einer Fläche vom Wasser verschluckt zu werden und auch nicht beim Sprung hineinzufallen.

Das wäre sicher ein vorzüglicher Zeitvertreib.

Auch der Rest der Stadt hat in mir gleich Vertrauen geweckt. Natürlich habe ich nur einen flüchtigen Blick aus dem Flugzeugfensterchen auf die eher industriellen Teile  der Stadt bekommen, aber dennoch. Es herrschte eine gewisse gelassene Ordnung, die mich glücklich lächeln lies. Die Straßen, die in mein Blickfeld gerieten, zogen sich in anmutige Kurven durch Landschaft und Wohngebiete und trotz des tristen Wetters wirkte alles irgendwie fröhlich und entspannt.

Bei der Landung sind wir dann sogar so dicht über Häusern und Straßen geflogen, dass man mit etwas Können den Figuren unter uns doch tatsächlich auf den Kopf spucken und treffen hätte können.

Und so war ich immerhin schon mal in Amsterdam. Nicht mehr lang, nicht mehr weit und die „glorreiche und lebenslang prägende Studienzeit“ hat mich.

Der Flug nach Glasgow war ebenso unspektakulär, aber angenehm und am Flughafen wartete schon ein „Empfangskomitee“ für alle internationalen Schüler und ein beharrlicher Nieselregen, der einen schleichend durchweicht. Im großen Reisebus ging’s los zum Studentenheim. Glasgow an sich scheint seine schönen Seiten zu haben, aber bisher hab ich davon noch wenig zu Gesicht bekommen. Ich bin mal gespannt wie mein Eindruck wird, wenn ich die Stadt ein bisschen besser kenne.

Als wir endlich am Murano Street Student Village angekommen sind, wo ich wohne, wurde uns mitgeteilt, dass wir erst ab vier Uhr einchecken konnten, also noch zwei Stunden warten mussten. Also hab ich mich mit einem Inder und einem Bulgaren, die beide ziemlich schräg waren, aufgemacht den nächsten Tesco (Supermarkt) zu suchen. Dafür und um darin ein bisschen rumzubummeln haben wir gut 45 Minuten gebraucht. Und dann noch mal eineinhalb Stunden bis wir unsern Weg zurück wieder gefunden hatten… Und trotz dessen und des schnöden Wetters mit kuscheligen zehn Grad waren wir gut gelaunt als wir das Village wieder erreichten. Auch die eeeeeewig lange Schlange von ankommenden Schülern, die uns da erwartete, konnte uns nicht schocken – wir sind einfach reinmarschiert – schließlich hatten wir ja schon unsere Koffer da drin…

Von der Wohnung und meinem Zimmer selbst war ich erst einmal etwas ernüchtert. Es sah aus als hätte man ein altes Gefängnis umfunktioniert. Alle Türen sind Feuertüren und müssen immer geschlossen sein, was schon mal ein sehr ungeselliges Umfeld schafft… Aber als ich dann mein Zimmer schon etwas wohnlich gemacht hatte und meine erste Mitbewohnerin, Iona (Schottland), eintraf, änderte sich meine Meinung langsam. Und inzwischen bin ich super zufrieden damit.

Der Abend wurde noch wild, hier eine kleine Zusammenfassung:

Iona und ich sind in ein anderes Haus gegangen wo eine kleine Party geschmissen wurde. Mit einem Engländer bin ich dann durch einige Häuser und hab alle Leute, die wir angetroffen haben, animiert zu uns zu kommen und mit zu feiern. Dann sind wir alle zusammen zu einer Party in nem Club von der Queen Margaret Union aufgebrochen. Queen Margaret ist eine von mehreren Schülerverbänden der Uni Glasgow.

Schon lange hab ich nicht mehr so ausgiebig und vergnügt getanzt, gefeiert und Unsinn geredet wie in dieser Nacht. Allein der Fakt, dass Iona und ich die ewig lange Schlange vor dem Club einfach überspringen durften, weil wir mit einem unterwegs waren, der den Organisator kannte, war aufputschend. Die Stimmung war ohnehin schon den ganzen Abend großartig, aber danach konnte es natürlich nur noch besser werden.

Und als Iona und ich morgens wieder zurück gelaufen sind, bekam die Nacht noch ein kleines i-Tüpfelchen aufgesetzt als wir mitten in Glasgow einen Fuchs ganz entspannt die Straße überqueren und auf dem Gehweg um die Ecke verschwinden sahen.

Ich bin bereit für eine ganze Woche mit mehr davon. Heute Abend ist eine white t-shirt Party. Jeder bekommt ein weißes T-Shirt und da kann dann jeder drauf schreiben. Und morgen ist eine Ampel-Party – trage grün, wenn du Single bist, gelb, wenn du es mysteriös halten willst und rot, wenn du vergeben bist. Und so geht es die Woche dann weiter…

Gut, das reicht denke ich erstmal als Einstiegs-Post. Ich werde nicht immer so viel schreiben können, also gewöhnt euch nicht dran.

Bis bald,

Laura

5 Kommentare:

  1. Cool viel Erfolg - welche Farbe hatte dein T-Shirt?Papa

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  2. Haha, ich liebe es, dass du das fragst, Papa, denn genau den gleichen Gedanken hatte ich auch hahaha

    Schön, dass du wieder schreibst Laura :D

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  3. Ich freue mich zu hören,daß die Luft in Schottland Dir zusagt.Weiterhin viel Spaß.wann beginnt das Semester? Dein Omchen

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  4. Liebe Laura, so ein schöner Bericht, dass macht Lust auf mehr. Liebe Grüße Mutti

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  5. Schön zu wissen, dass und wie gut du gelandet bist. Die Antwort auf die T-shirt- Farbe hätte ich übrigens auch gern :-)
    Lass Dich drücken - von Ute

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