Donnerstag, 3. März 2011

In Memoriam

Ich habe lange überlegt, ob ich was ich jetzt schreiben werde, tatsächlich in diesen Blog mit einbeziehen sollte und wenn ihr weiter lest, werdet ihr sicher verstehen warum. Ich habe mich schließlich dafür entschieden, weil es etwas ist, wovon auch ihr zu Hause lernen könnt und etwas, was für mich hier sehr, sehr wichtig und prägend war und ich es daher als logischen Schluss ansehe, dass ich es mit euch in diesem Blog teile, denn wozu sonst ist er da, wenn nicht um die Erlebnisse, die mich hier besonders prägen, zu schildern?

Damit ihr aber alles versteht muss ich ganz am Anfang anfangen.

Es gibt eine Person auf diesem Campus, die vollen allen geliebt und verehrt wird. Leila. Leila liebt selber uns alle so, dass wir uns ihr alle sehr nahe fühlen. Wir alle sind der Meinung, dass sie diejenige auf diesem Campus ist, die am meisten und härtesten dafür arbeitet, diesen Campus und unser Leben auf dem selbigen zu verbessern. Sie ist die stärkste und beeindruckendste Frau, die ich kenne.

Kurz nachdem wir neuen First-Years im August hier angekommen sind, hatte Leila uns allen etwas wirklich Wundervolles mit zuteilen: Sie war schwanger. Sie hat schon einen kleinen ganz goldigen Jungen.

Ihr müsst an diesem Punkt verstehen, dass die Familien aller, die auf diesem Campus arbeiten und ganz besonders die derjenigen, die auch auf diesem Campus mit uns leben (wie Leyla) uns allen sehr nahe sind. Sie sind ein Teil unseres täglichen Lebens hier. Wir albern mit den Kindern rum und sehen sie groß werden, ihre ersten Schritte tun und ihre ersten Wörter sprechen.

Wenn ihr das wisst, könnt ihr sicher verstehen, wie aufgeregt wir alle waren, als wir die gute Neuigkeit gehört haben.

Von diesem Tag an haben wir Leilas Bauch größer und größer werden sehen. Wir haben uns gefreut, am Bauch gelauscht, Leila jeden Tag mit Fragen gelöchert.

Es war Anfang Februar, als am Ende eines Community-Meetings Leila uns etwas mitteilen musste. Mathias, so hatten sie und Daniel, ihr Mann, den kleinen Jungen getauft, war schwer krank. Eine genetische Mutation, die völlig zufällig auftritt in einem von vielen tausend Fällen. Das Resultat sind so große Schäden überall im Körper, dass die Kinder nicht überleben können, wenn sie erst mal auf der Welt sind. Manchmal schaffen sie es ein oder zwei Tage, manchmal ein oder zwei Stunden.

Das Einzige wonach Leila uns an diesem Tag gefragt hat, ist nicht aufzuhören, den Kleinen in ihrem Bauch so zu lieben, wie wir es bis jetzt getan haben.

Ich kann nicht sagen, wie beeindruckt ich schon an diesem Tag von ihr war. Wir alle haben in der Bibliothek gesessen und geweint und Leila hat vorne gestanden und uns gebeten Mathias alle Liebe zu geben, die wir haben, um sein kurzes Leben so schön wie möglich zu machen.

Inzwischen ist Mathias schon in diese Welt getreten und er hat sie auch schon wieder verlassen.

Darum haben wir alle, alle Schüler, alle Lehrer, alle, die in der Administration arbeiten, der Schulleiter und alle Residence-koordinatoren uns am Amphitheater versammelt, um Leila und Daniel beizustehen.

Dieser Moment, diese gut zwei Stunden, haben mehr in dieser community getan als alle community-meetings, student-gahterings und gemeinsame Aktivitäten.

Ich habe noch nie um eine Person so sehr geweint und getrauert, die ich nie wirklich in Person kennen gelernt habe. Ich habe noch nie gefühlt, dass wir alle so zusammen waren, so eng verbunden. Ich habe noch nie Mauricio, unseren Schulleiter, weinen sehen.

Wir haben wenig gesprochen, aber viel gesagt.

Mathias, auch wenn er nur genau siebenundsechzig Minuten auf dieser Welt war, hat mehr verändert als manche Menschen in ihrem ganzen Leben.

1 Kommentar:

  1. Wow! Das war sehr bewegend! Solche traurigen Momente können selbst Feinde zusammen bringen! Danke das du diesen Beitrag veröffentlicht hast!

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